Tuesday, February 27, 2007

Christian Klar

Er soll Reue zeigen, sich bei den Opfern bzw. deren Angehörigen entschuldigen, Buße tun, die damaligen Geschehnisse aufklären, so wurde im Zusammenhang mit dem Gnadengesuch gesagt. Nun zeigt sich, daß dies alles geheuchelt war. In Wahrheit ging und geht es immer nur um eines: Er soll sich bekehren und seinen Frieden mit dem "System" machen. Daß er genau das nicht tat, sondern das "System" abermals scharf kritisierte und sich eine Befreiung von diesem "System" wünscht, ist offenbar weitaus schlimmer als es ein Bekenntnis zur Anwendung von Gewalt hätte sein können. Klar hat die "falsche" Gesinnung gezeigt und soll dafür bluten, er wird nun immer mehr vom kriminellen zum politischen Häftling. Die überkochenden Reaktionen legen den Schluß nahe, daß Klar den Finger in die offene Wunde gelegt hat. Ein Mainstream-Magazin behilft sich damit, die Ausführungen Klars als Ausdruck seiner Debilität zu verstehen. Das ist eben klassischer Mainstream-Journalismus: Zwischen Niedermachen und Lächerlichmachen.
Das "System", das von mir (anders als von Klar) nicht ausschließlich negativ gesehen, auch aufgrund der Schwierigkeiten brauchbare Alternativen zu finden, ist ja tatsächlich dabei, sich in seiner ungeheuren Dynamik selbst zu zerstören.

"Es scheint, als wenn das Kapital in seiner Gier und alledem wie eine Seuche, sich total unaufhaltsam, trotz alledem über unseren Planeten legt" (Hannes Wader, 2006).

http://www.lyrix.at/de/text_show/6b0c9dbc023a6b3a677084d6c5f24e4d-Franz+Josef+Degenhardt_-_Botschaft+an+eine+Enkelin

Jürgen

Monday, February 19, 2007

Und der Oscar geht an...

Ennio Morricone! Na also. Und hier ist er, dirigiert den relativ bekannten letzten Teil seines Werks Sacco and Vanzetti (einst auch gesungen auch von Joan Baez) in dem er sich den Luxus leistet, über etliche Minuten nur mit einer einzigen Strophe und der immer gleichen Melodie auszukommen: http://www.youtube.com/watch?v=ENnHeMjTRzo

Dies ist für euch, Nicola und Bart,
Ruht für immer hier in unseren Herzen!
Der letzte und endgültige Augenblick gehört euch;
der Todeskampf ist euer Triumph.

Saturday, February 10, 2007

Musil die Zweite

Mehr Zitate, liebe Blog-Freunde.
Das erste irritierte mich anfangs sehr, das zweite lief mir gleich gut rein :)

Freilich war er wohl einer jener Menschen, die immer gut handeln; in ihnen selbst ist keine Güte, dachte Agathe. Es scheint, daß die Güte in dem Maß, wie sie zu gutem Willen oder Taten wird, aus den Menschen verschwindet.

Unser Zeitalter trieft ohnehin von Tatendrang. Es will nicht mehr Gedanken, sondern nur noch Taten sehn. Diese furchtbare Tatkraft rührt nur davon her, daß man nichts zu tun hat. Innerlich meine ich.

Viele Grüße
Jürgen

Saturday, February 03, 2007

Zitat Robert Musil

Die Schwester des "Manns ohne Eigenschaften", Agathe, war in ihrer Kindheit einmal lange Zeit sehr krank gewesen. Musil zu einem mir bislang nicht geläufigen Machtaspekt:

Nun hatte es wohl Agathe gefallen, wie die großen Ärzte der Universität, die würdevoll und voll Weisheit zum ersten Mal ins Zimmer traten, von Woche zu Woche etwas von ihrer Zuversicht verloren; und obgleich sie folgsam jede Medizin einnahm, die ihr verschrieben wurde, und sogar wirklich gern gesund geworden wäre, weil man es es von ihr verlangte, freute sie sich doch darüber, daß die Ärzte es mit ihren Verordnungen nicht zuwege brachten, und fühlte sich in einem überirdischen oder zumindest außergewöhnlichem Zustand , während von ihr immer weniger übrig blieb. Sie war stolz darauf, daß die Ordnung der Großen keine Macht über sie hatte, solange sie krank war, und wußte nicht, wie ihr kleiner Körper das zustande brachte. Aber am Ende genas er freiwillig [...]

Viele Grüße
Jürgen