Sunday, June 28, 2009

...und welche schrecklichen Fehler man macht

Botschaft an eine Enkelin von Franz Josef Degenhardt

Ein sicher recht problematisches Lied. Degenhardt rechtfertigt sich in einem Interview mit Konkret - allerdings nicht dafür, die RAF zu wenig zu kritisieren, sondern dafür daß er sie überhaupt kritisiert:

KONKRET: Wie kommt es, daß Sie sich gerade jetzt [um 1990] wieder mit dem Thema "bewaffneter Kampf" bzw. den Menschen, die ihn aufgenommen haben, beschäftigen?

Degenhardt: Gerade in diesen Zeiten, in denen der Kapitalismus einen Endsieg errungen zu haben scheint, find ich es wichtig, an Revolutionäre zu erinnern. Gerade auch, wenn sie, wie ich weiß, entsetzliche Fehler gemacht haben. Vom Sofa aus zu konstatieren, daß kämpfende Menschen entsetzliche Fehler machen, ist, das weiß ich, äußerst problematisch - ich nehme es mir aber heraus, und ich meine das ganz anders als die Schnoddrigkeit, mit der zum Beispiel die "taz" über die RAF herzieht.
http://www.tolmein.de/linke-geschichte,legale-linke,178,franz-josef-degenhardt.html

Tuesday, June 23, 2009

So oder so

Freizeit-Risikoverhalten: Eine parasuizidale Handlung?
(Therapiewoche 42 (1992), 49, 2941-2942, Publikation von J. Steinert)

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stern.de: Worin besteht der wahre Kick in den Bergen?
Reinhold Messner: Wir finden zu den Wurzeln des Alpinismus zurück. Denn das Unterwegssein im Gefahrenraum ist das Wertvollste, was es gibt.

Thursday, June 11, 2009

Der Tod

"Der Tod ist der Zustand eines Organismus nach der Beendigung des Lebens..." (Wikipedia)

"Der Tod ist eine gute Sache." (Horst Tappert)

"Leben ist eine Krankheit, von der uns alle 16 Stunden der Schlaf Erleichterung bringt; er ist ein Beruhigungsmittel, der Tod ist die Heilung." (Sébastien-Roche Nicolas de Chamfort)


"[...]
Mach mir keine Sorgen
Und greife nicht hoch.
Denn heut oder morgen
Plumps ich schon ins Loch.

Marschiere, marschiere,
Und werd nicht gezählt,
Streck ich alle Viere,
Läuft weiter die Welt."
(Henriette Haill, Straßenballaden)

Und schließlich das Beste, was jemals über den Tod geschrieben wurde (glaube ich):

[...}
Wie kurz, wie kurz,
Wie kurz ist des Menschen Leben.

Und Trost ist nicht, da du mein Trost gewesen
Und Rat ist nicht, da du mein Rat gewesen
Und Schutz ist nicht, da du mein Schutz gewesen
Und Liebe nicht, da ich um deinetwillen
Die Welt geliebt.

Nur Klage um den Baum, der nicht mehr altert,
Der seine Blätter nicht mehr fallen läßt,
Und steht im Schwarzherbst
Und steht im Schneefeld
Und steht im Märzregen noch
Und seine Blätter sind Metall geworden
Und klirren geisterhaft im Frühlingswind.
Und Wunsch, vergeblicher, daß von dir wiche
Die Majestät der düsteren Vollendung. [...]
(aus: Requiem, von Marie Luise Kaschnitz)

Wednesday, June 03, 2009

Biologismus - Vanessa Lux

Von diesem Thema komme ich noch nicht los :)
Zunächst ein Link zu "Drei Fragen an Vanessa Lux" (mit drei Antworten, die es durchaus in sich haben)

Das war vor zwei Jahren anläßlich einer größeren Vortragsveranstaltung, die dann auch in Buchform vorgelegt wurde. Der Rezensent Andreas Müller findet den Sammelband mit allen Vorträgen in angepasster schriftlicher Form recht gelungen, fällt aber über Vanessa Lux´ Beitrag ein vernichtendes Urteil, ja er schäumt geradezu:

Während einige ihrer Einwände trotzdem noch ein gewisses Maß an Substanz haben, klappt einem bei ihren Ausführungen zu Richard Dawkins glatt die Kinnlade runter. So muss man lesen: „Mit der Soziobiologie ließe sich durchaus eine individuelle Eugenik begründen.“ (S. 171). Natürlich lässt sich mit Hilfe der Naturwissenschaften überhaupt keine Eugenik begründen oder legitimieren, das wäre ja eben der berüchtigte naturalistische Fehlschluss. Die ganze Zeit rückt sie Dawkins „implizit“ in die Nazi-Ecke, wenn sie Themen wie Sorge für Behinderte, Alte und Arbeitslose aufgreift und darstellt, welche furchtbaren Dinge so angeblich „in dieser Logik“ (S. 171) aus Dawkins Ansatz des egoistischen Gens folgen müssten. Dabei wird sie recht deutlich: „Dawkins' Ausführungen (...) bieten zudem Anknüpfungspunkte für völkisch-nationalistische Ideen“. Wer den linksliberalen Humanisten Dawkins und seine Schriften über diese Themen kennt, kann dieses Urteil nicht nachvollziehen.

Das Problem liegt darin, dass Vanessa Lux von den biologischen, ultimaten Ursachen für menschliche Verhaltensweisen eine ethische Rechtfertigung ableitet. Das ist eben genau der Fehler, den die Sozialdarwinisten gemacht haben und den Frau Lux den heutigen Soziobiologen unberechtigter Weise vorwirft.

Aus: Die unerschöpfte Theorie, Rezension

Das klingt alles sehr einleuchtend, dennoch stehe ich klar auf der Seite von Lux.
Natürlich sagen alle Evolutions-, Sozio- und andere Biologen, daß sie ja nur die wissenschaftliche Wahrheit vertreten. Die Natur sei nun mal nicht politisch korrekt, bla bla.
Im Anschluß an die Evolutionsbiologin Joan Roughgarden möchte ich allerdings sagen: Wenn man eine Theorie vertritt, die schlimme Konsequenzen haben kann, sollte man verdammt nochmal wenigstens richtig liegen! Man hat also eine erhöhte Sorgfaltspflicht. (Dasselbe müßte man denjenigen Kapitalismuskritikern vorhalten, die nur das Finanzkapital kritisieren, auch wenn sie selbst nicht empfänglich für die gern daran angehängten antisemitischen Untertöne sind)

Bei den meisten dieser Biologen ist das schon deshalb nicht der Fall, weil sie nicht dazu sagen, daß ihre Ansichten eben nur das sind, Ansichten. Theorien bestenfalls. In dieser Branche wird sehr viel als unumstößliche Wahrheit verkauft. Und Dawkins ist keinesfalls unideologisch, sondern führt einen atheistischen Kreuzzug, der selbst religiösen Charakter hat.

Alle Behauptungen darüber, wie die Natur, die Gene, die Biologie usw., "eigentlich" sei, auch wenn man sie NATÜRLICH nicht gesellschaftspolitisch übernehmen will, haben m.E. stark bewußtseinsprägende Wirkung. Gleichzeitig stellt sich immer mehr heraus, daß sie wohl zum großen Teil falsch oder zumindest fragwürdig sind. Daher wäre es nun an der Zeit, daß die Biologisten, also die biologischen Ideologen im Unschuldskostüm der wahrheitssuchenden Biologen, endlich mal die Klappe halten :D

Es gibt ein ganz bezaubendes Beispiel dafür, wie Biologisten ticken. Nur sagen sie es selten so unverhohlen wie die berüchtigte Barbara Schweder, die mit ihrer Schwester einige männerverachtende Bücher geschrieben hat:
"Als Humanbiologin muss ich sagen, wir [Männer und Frauen] sind von Grund auf verschieden. Aber ich bin jederzeit bereit, dies zu widerrufen, wenn es den Frauen schadet." ( Quelle )