Wednesday, August 22, 2007

Sacco und Vanzetti

Vor 80 Jahren wurden Nicola Sacco und Bart Vanzetti in den USA hingerichtet. "Spiegel online" schreibt heute (anläßlich des Jahrestags) von einem unfairen Prozeß und einem starken Argument gegen die Todesstrafe. Das ist politisch naiv, denn es handelte sich nicht etwa um einen bedauerlichen Justizirrtum, der "leider" wegen der Endgültigkeit des Todes nicht mehr behoben werden konnte. Vielmehr hat man gerne die Möglichkeit genutzt, sich die lästigen Arbeiterführer vom Hals zu schaffen.

Klarere Worte fand bereits vor mehreren Tagen die Junge Welt

Das bekannte Lied, komponiert von Ennio Morricone,
auf englisch von Joan Baez
deutsche Version von Franz Josef Degenhardt

Wednesday, August 08, 2007

Hitler, Stalin, Krieg und Auschwitz = Folgen des Kapitalismus

Im sehr empfehlenswerten Buch "Schwarzbuch Kapitalismus" führt der Autor Robert Kurz sowohl den Nationalsozialismus wie auch die Sovjet/Stalin-Diktatur auf das kapitalistische ("marktwirtschaftliche") System zurück; einschl. Weltkrieg Nr. 2 und Auschwitz:

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Was heute als "Verbrechen des Kommunismus" in der apologetischen Literatur hurrademokratischer Ideologen akribisch aufgelistet wird, war nichts anderes als die zeitlich komprimierte Wiederholung der frühkapitalistischen Schrecken. Die Lager des Gulag als die Konsequenzen einer vermeintlich antikapitalistischen Alternative zu definieren (womit natürlich jeder Gedanke an eine wirkliche Alternative ausgetrieben werden soll) und dabei die Hölle der kapitalistischen Durchsetzungsgeschichte über mehrere Jahrhunderte hinweg schlicht zu vergessen - auf diesen Einfall können nur in demokratischer Verdrängungsleistung geschulte "wissenschaftliche Historiker" kommen. Die Hungernden der frühen 30er Jahre mit Millionen von Toten war die Folge einer rigiden Industrialisierungspolitik, deren Kosten besonders aus der großen Masse der Landbevölkerung herausgepresst wurden. Ein volles Jahrzehnt dieser ungeheuren Repression müßte allerdings, wenn man schon akribisch zu zählen anfängt, gegen ein bis zwei volle Jahrhunderte derselben Qualität aufgerechnet werden, die in der westlichen Modernisierungsgeschichte angefallen waren. Aber Menschenleben kann man so nicht aufrechnen. Mit alledem ist immer nur gesagt, daß das moderne warenproduzierende System in keinem Fall die Leidenskosten seiner Durchsetzungsgeschichte wert ist.
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Auf den Punkt gebracht: es war nicht im entferntesten so, daß die unschuldige "erste deutsche Demokratie" unter den bösartigen "Schlägen von links und rechts" zusammengebrochen wäre. Vielmehr waren es diese Demokratie, ihre tragenden Schichten, Eliten und politischen Repräsentanten selbst, die unter den Bedingungen einer katastrophalen kapitalistischen Krise ihr wahres diktatorisches Gesicht offen zeigten und die Demokratie von innen heraus, ihrer eigenen Logik gemäß, in die braune Diktatur verwandelten. Jene "zerstörende Wucht und Beserkerwut", die Richard Löwenthal angesichts der rauchenden Trümmer dem Nationalsozialismus attestierte, waren die letzte Konsequenz dieser Demokratie selbst, ihre eigene innere Natur.
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Schon im Anlauf zu seiner Totalisierung war der Kapitalismus an dieser Hürde eigentlich gescheitert. In ziviler Form hätte der Übergang zur Zweiten Industriellen Revolution nicht mehr stattgefunden. So blieb nichts als die Flucht nach vorn in neue Rüstungspolitik und neue Kriegswirtschaft. "Krieg, nicht etwa ökonomische Weisheit, bendete die Depression" (Galbraith 1995).
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Auschwitz als singuläre Tat war spezifisch deutsch. Aber auch in dieser Hinsicht kamen die Nazis nicht von einem anderen Stern, sondern aus den Tiefen der Nationalgeschichte, die dadurch für immer und unrettbar verloren ist. Alle Versuche, Auschwitz aus der deutschen Geschichte als Fremdkörper einzukapseln und an irgendwelchen besseren (demokratischen, aufklärerischen etc.) Traditionen anknüpfen zu wollen, sind zum Scheitern verurteilt. Daraus kann nur eine Konsequenz gezogen werden: der kategoriale Bruch mit der Nation überhaupt, der Bruch mit jeglichem nationalen Selbstverständnis und jeglicher nationaler Loyalität. Wie der Antisemitismus im allgemeinen zum Nationalismus im allgemein gehört, so gehört Auschwitz im besonderen zur deutschen Nation im besonderen. Aber das Allgemeine und das Besondere sind immer verschränkt, das Besondere ist das Besondere eines Allgemeinen, und dass Allgemeine enthält das Besondere. Insofern muß Auschwitz als der Anfang vom Ende aller Nationen betrachtet werden. Und damit steht auch der Kapitalismus als solcher zur Disposition, der die Nation erfunden und dessen Logik letztendlich auch Auschwitz hervorgebracht hat.

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Das war´s für heute. Bald geht´s weiter :)