Wednesday, June 03, 2009

Biologismus - Vanessa Lux

Von diesem Thema komme ich noch nicht los :)
Zunächst ein Link zu "Drei Fragen an Vanessa Lux" (mit drei Antworten, die es durchaus in sich haben)

Das war vor zwei Jahren anläßlich einer größeren Vortragsveranstaltung, die dann auch in Buchform vorgelegt wurde. Der Rezensent Andreas Müller findet den Sammelband mit allen Vorträgen in angepasster schriftlicher Form recht gelungen, fällt aber über Vanessa Lux´ Beitrag ein vernichtendes Urteil, ja er schäumt geradezu:

Während einige ihrer Einwände trotzdem noch ein gewisses Maß an Substanz haben, klappt einem bei ihren Ausführungen zu Richard Dawkins glatt die Kinnlade runter. So muss man lesen: „Mit der Soziobiologie ließe sich durchaus eine individuelle Eugenik begründen.“ (S. 171). Natürlich lässt sich mit Hilfe der Naturwissenschaften überhaupt keine Eugenik begründen oder legitimieren, das wäre ja eben der berüchtigte naturalistische Fehlschluss. Die ganze Zeit rückt sie Dawkins „implizit“ in die Nazi-Ecke, wenn sie Themen wie Sorge für Behinderte, Alte und Arbeitslose aufgreift und darstellt, welche furchtbaren Dinge so angeblich „in dieser Logik“ (S. 171) aus Dawkins Ansatz des egoistischen Gens folgen müssten. Dabei wird sie recht deutlich: „Dawkins' Ausführungen (...) bieten zudem Anknüpfungspunkte für völkisch-nationalistische Ideen“. Wer den linksliberalen Humanisten Dawkins und seine Schriften über diese Themen kennt, kann dieses Urteil nicht nachvollziehen.

Das Problem liegt darin, dass Vanessa Lux von den biologischen, ultimaten Ursachen für menschliche Verhaltensweisen eine ethische Rechtfertigung ableitet. Das ist eben genau der Fehler, den die Sozialdarwinisten gemacht haben und den Frau Lux den heutigen Soziobiologen unberechtigter Weise vorwirft.

Aus: Die unerschöpfte Theorie, Rezension

Das klingt alles sehr einleuchtend, dennoch stehe ich klar auf der Seite von Lux.
Natürlich sagen alle Evolutions-, Sozio- und andere Biologen, daß sie ja nur die wissenschaftliche Wahrheit vertreten. Die Natur sei nun mal nicht politisch korrekt, bla bla.
Im Anschluß an die Evolutionsbiologin Joan Roughgarden möchte ich allerdings sagen: Wenn man eine Theorie vertritt, die schlimme Konsequenzen haben kann, sollte man verdammt nochmal wenigstens richtig liegen! Man hat also eine erhöhte Sorgfaltspflicht. (Dasselbe müßte man denjenigen Kapitalismuskritikern vorhalten, die nur das Finanzkapital kritisieren, auch wenn sie selbst nicht empfänglich für die gern daran angehängten antisemitischen Untertöne sind)

Bei den meisten dieser Biologen ist das schon deshalb nicht der Fall, weil sie nicht dazu sagen, daß ihre Ansichten eben nur das sind, Ansichten. Theorien bestenfalls. In dieser Branche wird sehr viel als unumstößliche Wahrheit verkauft. Und Dawkins ist keinesfalls unideologisch, sondern führt einen atheistischen Kreuzzug, der selbst religiösen Charakter hat.

Alle Behauptungen darüber, wie die Natur, die Gene, die Biologie usw., "eigentlich" sei, auch wenn man sie NATÜRLICH nicht gesellschaftspolitisch übernehmen will, haben m.E. stark bewußtseinsprägende Wirkung. Gleichzeitig stellt sich immer mehr heraus, daß sie wohl zum großen Teil falsch oder zumindest fragwürdig sind. Daher wäre es nun an der Zeit, daß die Biologisten, also die biologischen Ideologen im Unschuldskostüm der wahrheitssuchenden Biologen, endlich mal die Klappe halten :D

Es gibt ein ganz bezaubendes Beispiel dafür, wie Biologisten ticken. Nur sagen sie es selten so unverhohlen wie die berüchtigte Barbara Schweder, die mit ihrer Schwester einige männerverachtende Bücher geschrieben hat:
"Als Humanbiologin muss ich sagen, wir [Männer und Frauen] sind von Grund auf verschieden. Aber ich bin jederzeit bereit, dies zu widerrufen, wenn es den Frauen schadet." ( Quelle )

1 Comments:

At Thu Oct 01, 04:56:00 AM 2009, Anonymous F. Knauß said...

Zum Vorwurf des "Biologismus" im Bezug auf das Geschlechterverhältnis verweise ich auf meinen aktuellen Beitragin "Geschlechtsverwirrung":
http://www.brainlogs.de/blogs/blog/geschlechtsverwirrung

 

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