Danach
Auschwitz
Saß da ein Vogel im Baume
wohl an die zehn Jahr,
sang da ein Vogel im Baume,
sein Lied hatte weißes Haar.
Asche im Wind. Es schluchzet
die Rose am Wegrand nicht mehr.
Asche im Wind. Es schluchzen
die träumenden Vögel nicht mehr.
Hing da ein Nebel im Baume,
der gänzlich entblättert war.
Hing da ein Nebel im Baume,
wohl an die zehn Jahr.
Asche im Wind. Es schluchzet
die Rose am Wegrand nicht mehr.
Asche im Wind. Es schluchzen
die träumenden Vögel nicht mehr.
War da ein gläserner Kasten
gefüllt mit Frauenhaar,
das Kilo zu fünfzig Pfennig
zu kaufen vor zehn Jahr.
Asche im Wind. Es schluchzet
die Rose am Wegrand nicht mehr.
Asche im Wind. Es schluchzen
die träumenden Vögel nicht mehr.
War da eine Wolke in Auschwitz,
Wolke aus goldenem Haar,
die hat man zu scheren vergessen
vor etwa zehn Jahr.
Asche im Wind. Es schluchzet
die Rose am Wegrand nicht mehr.
Asche im Wind. Es schluchzen
die träumenden Vögel nicht mehr.
(Heinar Kipphardt, 1953)
Ich weiß daß sie nicht mehr genügen,
Weil die Erde mich noch trägt,
Weil die alten Worte lügen,
Weil der Unschuld die Stunde schlägt,
Ich weiß, daß sie nicht mehr genügen.
[...]
Daß an meinen Worten ich leide!
Und die Worte waren schön...
Meine Worte waren wie beide,
Tag und Nacht, wenn sie beide vergehn!
Daß an meinen Worten ich leide!
[...]
Ich will eine neue Sprache,
Wie einer, der sein Werkzeug wählt.
Eine neue Sprache für meine Sache,
Die euch tröstet und euch quält.
Ich will eine neue Sprache
[...]
(Stephan Hermlin, aus der "Ballade von den alten und den neuen Worten", 1945)
2 Comments:
Daß an meinen Worten ich leide! -
So geht's es mir oft - eigentlich immer. Vielleicht hänge ich deshalb so gern den Worten großer Meister nach. Ich denke, ihr Leid - am Ringen um die richtigen Worte und auch am Thema nachempfinden zu können. Und ich bin froh, dass sie die Arbeit geleistet haben und ich mich ganz darauf beschränken kann, meinen Gedanken nachzuhängen.
Da Du hier bereits weiter gemacht hast, möchte ich Dir doch noch sagen, dass ich wegen dieser Gedichte oft reingeguckt und sie nachgelesen habe.
Und noch immer habe ich die Worte nicht gefunden, unter denen ich nicht leiden würde.
Der Kipphardt hat mich mit seiner Anlehnung an Celans Todesfuge, die mir immer heilig war und die ich eigentlich für unantastbar hielt, förmlich umgehauen. Aua! Ich leide an meinen Worten. ;)
Ich bin mit beiden Gedichten "noch nicht durch". Ich werde Laut geben, wenn es soweit ist.
Vorerst nur ein herzliches Dankeschön dafür, dass Du sie ausgegraben hast.
Phönix, groß im Leiden, langsam im Denken ;)
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