Friday, December 25, 2009

Grabinschriften

Interessant sind die selbst verfaßten. Hier muß jedes Wort sitzen, schließlich hat man nur einen Schuß frei :D
Der berühmteste deutschsprachige Grabspruch dürfte von Rilke sein:

Rose,
oh reiner
Widerspruch,
Lust,
Niemandes
Schlaf
zu sein
unter soviel
Lidern.


Der 1926 verstorbene Rilke hatte in seinem Testament 1925 festgelegt, daß dieses Gedicht auf seinem Grabstein stehen solle. Viele schlaue Menschen haben mittlerweile versucht, die geheimnisvollen Zeilen zu entschlüsseln...

Kürzlich las ich einen Artikel über den englischen Poeten John Keats. Seine Grabinschrift wurde ebenfalls von ihm selbst entworfen und ist ebenfalls sehr berühmt geworden:

Here lies One Whose Name was writ in Water.

(Seitenhieb: Knappheit ist ein Qualitätskriterium. Goethe wußte es noch: "Da ich keine Zeit habe, Dir einen kurzen Brief zu schreiben, schreibe ich Dir einen langen." Meine fucking Lehrer wußten das nicht mehr)

Auch Benjamin Franklin, Autor (auch Buchdrucker) und Staatsmann, verfaßte selbst einen Grabspruch, aber soweit ich weiß, wurde seinem Wunsch nicht entsprochen:

The body of Benjamin Franklin, printer (like the cover of an old book, its
contents worn out, and stript of its lettering and gilding) lies here, food for
worms. Yet the work itself shall not lost, for it will, as he believed, appear once more in a new and more beautiful edition, corrected and amended by its Author


Hier liegt der Leib B. Franklins, eines Buchdruckers, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus welchem der Inhalt herausgenommen, und das seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist - eine Speise für die Würmer; doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern, wie er glaubt, einst erscheinen in einer neuen, schöneren Ausgabe, durchgesehen und verbessert vom Verfasser!

Vermutlich wurde auch Johann Christian Günther nicht erhört, der dichtete (Abschiedsaria, schon einmal in diesem Blog zitiert):

[...] Und fordert mich der erste Gang von hier,
so sterb ich dir.
Ich sterbe dir, und soll ein fremder Sand
den oft durch dich ergötzten Leib bedecken,
so gönne mir das letzte Liebespfand
und laß ein Kreuz mit dieser Grabschrift stecken:
Wo ist ein Mensch der treulich lieben kann?
Hier liegt der Mann
.

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