Hans-Peter Dürr (Physiker)
So. Ich habe nun von H.P. Dürr einige Videos gesehen und Bücher gelesen. Faszinierend. Ist er nun Esoteriker oder, wie er selbst meint, Physiker und vielleicht noch Philosoph? Ich bin nicht sicher, ob man aus den Erkenntnissen der Quantentheorie auf eine nichtmaterielle Grundlage von Natur und Leben schließen kann. Anfällig bin ich für diese Denkweise allemal, aber das ist Privatsache ;o)
Dürr geht aber darüber hinaus und erklärt die Evolution, die Finanzkrise und was weiß ich, mit Hilfe der Quantenmechanik. Das, denke ich, geht nun wirklich zu weit. Bewußtsein ist zwar wichtig, ohne eine Änderung des Massenbewußtseins wird es eine grundlegende Veränderung von Gesellschaft und Welt nicht geben können. Aber dieses Bewußtsein muß auch die Erkenntnisse über die objektiven Systemgesetze des Kapitalismus mit einschließen. Diese muß man einfach lernen. Wenn Dürr meint, den Geldleute müßte man beibringen, daß es mit der Denkweise "Geld vermehren" nicht weitergehen kann, ist das doch reichlich naiv.
Das System Kapitalismus kann man aus allgemeinen Erwägungen heraus nicht verstehen. Genauso wenig wie jemand Schach oder Klavier spielen kann, nur weil er Quantenphysiker ist.
Vor einigen Jahren gab es heftige Kritik einiger meiner "EXIT!"-Freunde am Potsdamer Manifest (2005), an dem Dürr mitgewirkt hat. "Quantenquark" ist der Artikel überschrieben...Die dort enthaltene Kritik teile ich insoweit wie ich es gerade beschrieben habe. Wenn allerdings von Biologismus, Frauenfeindlichkeit und was weiß ich die Rede ist, schießen Ortlieb und Ulrich weit übers Ziel hinaus. Dürr ist gesellschaftlich keineswegs ganz unbewandert und stellt in einem Vortrag fest, daß die sog. Aufklärung ja Vernunft und Geist nicht für alle Menschen vorgesehen habe. Sondern nur für den männlichen, während die Frau keck der "Natur" zugerechnet wurde. Da ist Dürr doch sehr im Bilde, auch im Sinne der EXIT!schen Gesellschaftskritik.
Dem Vorwurf des Biologismus steht entgegen, daß Dürr ja das "Offene", Potentielle, Mögliche predigt. Also biologischen Determinismus doch klar ablehnt. Daß die aggressive westliche Kultur mit Lebensprinzipien nicht vereinbar ist, betrachte ich auch als legitime und richtige Auffassung, die nicht in die Schublade Naturalismus oder Biologismus paßt. Sie liegt für mich auf einer Ebene mit: Wer nicht ißt, verhungert. Oder mit dem bekannten Marx-Zitat: "Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter."
Folgerung für mich: Einprügeln auf Dürr ist fehl am Platz, aber dessen Grenzen kann und sollte man erkennen.
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